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AMRD steht für Automated Map Reading Detection (Automatisches Erkennen von Kartelesen). Es ist eine neue Methode die es dem Orientierungsläufer erlaubt mit Hilfe eines Beschleunigungssensors zu ermitteln zu welchem Zeitpunkt er während einem Training oder Wettkampf auf die Karte geschaut hat ("Kartelesen").
Durch die Verknüpfung dieser Information mit einer GPS-Aufzeichnung der gelaufenen Route kann das Kartenleseverhalten des Läufers analysiert werden. Der Athlet, oder der Betreuer zusammen mit dem Athlet kann anhand dieser Information die Ursache von Fehler analysieren, Einblick in das Leseverhalten des Athleten gewinnen oder das Laufkonzept ("Drehbuch") überprüfen.
Die AMRD Methode geht davon aus, dass die Hand des Athleten beim Kartelesen eine typische Position einnimmt. Diese unterscheidet sich deutlich von der Position, die die Hand beim normalen Laufen einnimmt. In der Darstellung 1 sind zwei OL Läufer in diesen typischen Laufstellungen dargestellt. In der Position links wird die Karte nahezu horizontal gehalten, dies insbesondere auch, weil der Kompass nur in dieser Lage die Nordrichtung präzise anzeigt. Die Hand wird in dieser Position relativ ruhig gehalten.
Kartelesen | Nicht Kartelesen |
Darstellung 1 Typische Kartenlese Position (links) und typische Laufposition (rechts). |
In der Position rechts wird die Hand beliebig gehalten und bewegt sich stark hin und her. Die Karte kann kaum horizontal gehalten werden, weil sie sonst den Körper berührt.
Wenn nun die Haltung der Hand bestimmt werden kann, so lässt sich das Kartelesen automatisch erkennen. Dazu wird ein Beschleunigungssensor am Handgelenk der Kartenlesehand befestigt. Der Sensor dreht sich so mit der Hand mit und über das aufgezeichnete Bewegungsmuster lässt sich der Kartenlesevorgang erkennen.
Der Beschleunigungssensor misst sämtliche Kräfte, die auf ihn wirken. Das sind hauptsächlich die Erdanziehungskraft, sowie die Beschleunigungskräfte, welche durch die Handbewegungen ausgelöst werden. Die Erdanziehungskraft ist in Darstellung 2 grün eingezeichnet. Man sieht sofort, dass in der kartelese Position die Erdanziehungskraft parallel zur z-Achse liegt, während im Fall der Laufstellung die Erdanziehungskraft eher in der Kartenebene liegt.
Kartelesen | Nicht Kartelesen |
Darstellung 2 Koordinatensystem der Karte beim Kartelesen (links) und beim Laufen (rechts). |
Die auf den Sensor wirkenden Kräfte können im Koordinatensystem der Karte betrachtet werden (Darstellung 3). Durch die unterschiedliche Haltung zwischen Kartelesen und nicht Kartelesen ergeben sich charakteristische Beschleunigungsvektoren, die durch den Sensor gemessen werden können (Darstellung 3 links).
Zur Abgrenzung zwischen Kartelesen und nicht Kartelesen wird der Kartenwinkel (Map-Angle) definiert. Er beschreibt den Winkel zwischen dem aktuellen Beschleunigungsvektor und dem Vektor senkrecht zur Karte, welcher dem Beschleunigungsvektor in der "idealen" Kartenlese Stellung (Karte horizontal) entspricht. Im Beispiel rechts in Darstellung 3 wird ein Winkel von 45° gemessen.
Darstellung 3 Links: Unterschied zwischen Ausrichtung des Beschleunigungsvektors beim Kartelesen (grün) und nicht Karte lesen (cyan) im Koordinatensystem der Karte. Rechts: Definition des Kartenwinkels (Map-Angle): Winkel zwischen dem Beschleunigungsvektor in der idealen Kartelesestellung (senkrecht zur Karte) und dem aktuellen Beschleunigungsvektor. |
Im Allgemeinen kann davon ausgegangen werden, dass sich der Kartenwinkel während des Kartelesens um 0° herum bewegt, beim nicht-Kartelesen um 90°. Es kann ein Kartenlesewinkel (MR-Angle) definiert werde., bei allen Winkeln kleiner als dieser Winkel geht man davon aus, dass der Athlet am Kartelesen war, bei grösseren Winkeln nicht. Die Festlegung des Kartenlesewinkels ist abhängig von der individuellen Lesetechnik des Athleten und des Laufterrains.
Zur Datenerfassung braucht es zwei elektronische Geräte - den Beschleunigungssensor und ein GPS Gerät. Als Beschleunigungssensor wurde das Gerät HOBO Pendant G Data Logger (Typ UA-004-64) von Onset verwendet. Als GPS Gerät eignet sich jeder beliebige GPS Logger, wobei auf genügend gute Ortsauflösung geachtet werden muss (hier haben sich z.B. die GARMIN GPS Uhren bewährt).
Nach dem Lauf werden die in den Sensoren gespeicherten Daten ausgelesen und weiter verarbeitet. Die Auswertung der gemessenen Daten erfolgt in drei Schritten. Zuerst wird aus der Aufzeichnung des Beschleunigungssensors der Kartenwinkel zu jedem Zeitpunkt des Laufes bestimmt. Anschliessend wird diese Information mit der Ortsinformation (GPS Datei) verknüpft. Als letzter Schritt wird diese Information graphisch auf der OL Karte dargestellt.
Für die ersten beiden Schritte steht auf der Internetseite http://www.mapmania.ch ein Skript zur Verfügung. Dieses gibt eine GPX Datei aus, welches im dritten Schritt mit der Software Quickroute (http://www.matstroeng.se) auf die zuvor gescannte Karte projiziert wird. Für einen geübten Benutzer dauert die (technische) Auswertung eines Laufes ca. 10'.
In Darstellungen 4+5 ist ein Beispiel einer mit AMRD ausgewerteten Postenverbindung dargestellt. Darstellung 4 zeigt den verlauf des Kartenwinkels, Darstellung 5 den entsprechenden Kartenausschnitt mit überlagertem GPS Track, auf dem der Kartenlwinkel farblich dargestellt wurde. Karten-Winkel unterhalb von 40° werden in grün dargestellt, oberhalb von 50° in rot, und Winkel dazwischen in Orange.
Darstelung 4 Kartenwinkel über die Zeit dargestellt. Der Ausschnitt entspricht dem Beispiel in Darstellung 5. Der Graph beginnt beim Verlassen des Weges und endet bei Posten 9. |
Der Läufer begeht beim Verlassen des Weges (1) einen Richtungsfehler. Er versucht im ersten Teil mehrere Male vergeblich die Karte zu lesen (2). Dies ist deutlich erkennbar an den orangen Stellen im Kartenausschnitt, und an den bis gegen 45° abfallenden und anschliessend wieder ansteigenden Stellen im MR Graph (Darstellung 4). Diese Versuche sind aber zu kurz (<2s) um überhaupt Informationen zu verarbeiten. Bei einem etwas längeren Kartenlese-Event (Punkt 3 - 15s) gelingt es dem Läufer offensichtlich nicht die Richtung zu korrigieren und er läuft ohne weitere Leseversuche bis zum Weg (4). Dort gelingt es dem Läufer trotz längerem Kartenkontakt (25s) nicht, sich zu lokalisieren. Erst beim zweiten der folgenden Stopps (5) fängt er sich auf und findet den Posten ohne weitere Probleme (und mit nur sehr kurzen Kartenkontakten).
Darstelung 5 AMRD Auswertung einer Postenverbindung. © Karte: OLG Bern |
Die Auswertung von Trainingsläufen und Wettkämpfen mittels AMRD ermöglicht einen tiefen Einblick in den Kartenleseprozess eines Athleten, welche bisher dem Betreuer verwehrt geblieben ist und auch dem Athleten nicht in dieser Konsequenz möglich war. Das Beispiel zeigt, dass die Methode funktioniert und sogar kurze Kartenkontakte erkannt werden können.
Mit dieser Methode kann im Vergleich zu den bisherigen Methoden viel zielgerichteter am Kartenleseprozess und dem mentalen Konzept des Athleten gearbeitet werden. Eine solche Auswertung bedarf jedoch einer tiefgreifenden Auseinandersetzung mit den technisch/mentalen Vorgängen, die während dem Lauf im Kopf des Athleten ablaufen. Die AMRD Methode ist lediglich ein Werkzeug um diese Vorgänge auf der Zeit/Ort Linie zu erkennen und darzustellen. Das genaue Beschreiben der Vorgänge, das Analysieren derselben und das Vergleichen mit dem Konzept kann nur durch den Athleten selbst oder in Zusammenarbeit mit ihm erfolgen, und ist der arbeitsintensive Hauptbestandteil einer Analyse.
Ich danke Martin Lerjen und Irene Eglin für die wertvollen Kommentare und Hinweise beim Entwickeln der Methode, für das Beta-Testen und fürs Korrekturlesen. In Martins Blog (o-zeugs.blogspot.com) sind weitere Beispiele aufgeführt und mögliche Analyseansätze aufgezeigt.